Die Zukunft des Westens sichern

von Reinhard Möhrle, Bezirksvorsteher Stuttgart West

Im Sommer 2015 wurden in Stuttgart an 36 Tagen die 30°C Marke überschritten, an 17 Tagen sogar die 35°C. Nach dem in diesem Jahr vorgestellten Klimamodell des Deutschen Wetterdienstes können die Tage mit einer solch starken Wärmebelastung bis 2050 auf bis zu 50 Tage steigen. Selbst wenn alle beschlossenen Maßnahmen zur Begrenzung der klimaschädlichen Treibhausgase durch Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auch tatsächlich umgesetzt werden, können wir diese Erwärmung nicht mehr aufhalten, sondern nur begrenzen. Deshalb müssen sich die Städte auf diese Entwicklung einstellen. Dies gilt im besonderen Maße für so dicht bebaute Stadtbezirke wie den Stuttgarter Westen. Der Hitzestress ist für weniger belastbare Menschen direkt gesundheitsgefährdend, aber auch alle anderen leiden darunter, dass die zu geringe nächtliche Abkühlung den notwendigen erholsamen Schlaf nicht mehr ermöglicht.

Wenn unser Stadtbezirk auch im Hochsommer weiter lebenswert bleiben soll sind zwei Dinge besonders notwendig: Die Durchlüftung, vor allem mit nächtlicher Kaltluft, muss gesichert werden. Ferner brauchen wir mehr Grün, vor allem mehr Bäume und unversiegelte Böden im Westen. Gerade an den heißen Tagen spüren wir jeden Baum, der Schatten spendet, Sauerstoff produziert und die Temperatur reduziert.

Der Bezirksbeirat und der Gemeinderat beschlossen deshalb 2008 den Rahmenplan Halbhöhenlagen. Durch diesen soll verhindert werden, dass die Hanglagen und damit die Frischluftschneisen immer mehr zugebaut werden. Anfang 2018 haben die Gremien den Rahmenplan Talgrund beschlossen. Dieser ist eine Leitlinie für die städtebauliche Entwicklung des Kerngebietes des Westens zur Sicherung und Verbesserung von Grünstrukturen und der klimatischen Bedingungen. Im Rahmenplan werden Reglungen für die Flächennutzung und den Grünanteil, einschließlich der Dächer, in den Quartieren des Talkessels beschrieben. Er gibt Hinweise auf dringend notwendige Baumstandorte und Entsiegelungen und empfiehlt an manchen Punkten auch eine Änderung des Planungsrechtes. So sind zum Beispiel die Grünflächen auf dem Moltkeplatz derzeit baurechtlich nicht gesichert.

Deutlich unterscheiden sich die Innenhöfe im Westen. Manche sind bereits begrünt, andere sind noch reine Beton- und Teerwüsten. Ich freue mich, dass der Gemeinderat im Rahmen der Haushaltsberatungen die Verlängerung des Kommunalen Grünprogramms für die Förderung von Hof-, Dach- und Fassadenbegrünung beschlossen hat. Dazu kommen weitere Baumpflanzungen im öffentlichen Raum. Es ist nicht einfach, Standorte für Straßenbäume im Westen zu finden. Häufig wird dies durch unterirdische Ver- und Entsorgungsleitungen verhindert. Teilweise müssen Parkplätze entfallen. Trotzdem konnte in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Bäumen neu gepflanzt werden. Dies soll auch konsequent weitergeführt werden. Es gibt eine Vielzahl von Standortvorschlägen, die auf ihre Eignung untersucht werden. Dies ist auch ein Wunsch der Bürgerinnen und Bürger an die Politik. Im Bürgerhaushalt war das Thema mehr Grün ganz vorne bei den Vorschlägen.

Unser öffentlicher Raum, unsere Grün- und Spielflächen, gewinnen immer mehr Bedeutung als Orte der Begegnung, der Entspannung, der Bewegung und des Spiels. Leider sind diese in keinem guten Zustand. Das zuständige Garten-, Friedhofs- und Forstamt kam mit der Pflege nicht mehr hinterher, bereits beschlossene und finanzierte Bauvorhaben konnten nicht realisiert werden. Deshalb beschloss der Gemeinderat eine deutliche personelle Aufstockung und Erhöhung der Sachmittel. Wenn jetzt auch noch geeignetes Personal gefunden wird, müssten bis Ende 2018 Ergebnisse sichtbar sein.

Ein häufiges Ärgernis ist die Sauberkeit unserer Anlagen. Hier sind natürlich erstmal Alle angesprochen, die ihren Müll rücksichtslos wegwerfen. Auf Vorschlag von Oberbürgermeister Kuhn wird auch ein Programm zur Sauberkeit im öffentlichen Raum aufgelegt. Aufklärung, Müllvermeidung, aber auch Ausweitung der Abfallbehälter und der Leerungs- und Reinigungsintervalle sind die zentralen Punkte.

Ein dritter Schwerpunkt der Haushaltsberatungen waren Personalaufstockungen beim Schulverwaltungs- und Hochbauamt, damit endlich die bereits beschlossenen Schulsanierungen angepackt werden können. Qualifiziertes Personal dafür zu finden ist aber in Zeiten eines allgemeinen Baubooms eine große Herausforderung.

Von diesen im Rahmen der Haushaltsberatungen beschlossenen Maßnahmen wird der Westen profitieren. Es gibt aber auch eine ganze Reihe von Beschlüssen, die direkt unseren Stadtbezirk betreffen.

Die Johannesstraße wird in dem weiteren Abschnitt zwischen Ludwig- und Schloßstraße entsprechend dem Musterabschnitt an der Johanneskirche saniert. Dadurch wird unsere Prachtallee in einem weiteren Abschnitt wieder erlebbar.

Eines der wichtigsten Ereignisse im Jahr 2017 war die Grundsteinlegung auf dem Olga-Areal. Dort wachsen die Gebäude, mit der Fertigstellung kann zu großen Teilen im Jahr 2018 gerechnet werden. Erfreulicherweise wurden jetzt auch die Kosten für die Umgestaltung des öffentlichen Raums entsprechend der mit Bürgerbeteiligung erarbeiteten Pläne beschlossen. Besonders wichtig für den Stadtbezirk ist der neue Platz mit viel Grün und Raum zur Begegnung und zum Spiel entlang der Hasenbergstraße. Ergänzt wird dies durch das Stadtteil- und Familienzentrum, das bereits 2019 in Betrieb gehen soll.

Auch auf dem Diakonissenplatz geht es weiter. Die neu zu bauende Jugendverkehrsschule im Hinteren Vogelsang wird bis Ende 2019 fertig sein. 2017 gab es bereits einen Wettbewerb mit Bürgerbeteiligung zur Öffnung und Umgestaltung des Diakonissenplatzes. Der Siegerentwurf von Plankontor S1 sieht in einem Randbereich des Platzes Grünflächen mit schattenspendenden Bäumen vor. In der Mitte werden eine Spielfläche, eine Bewegungsfläche und eine Multifunktionsfläche z.B. für Nachbarschaftsfeste einschließlich eines Brunnens angeordnet. Die Planungen werden 2018 konkretisiert, sodass direkt nach dem Umzug der Jugendverkehrsschule mit dem Umbau begonnen werden kann.

Für den Bismarckplatz gab es ebenfalls einen Wettbewerb, den das Internationale Stadtbauatelier einstimmig gewann. Im Randbereich sind Grünflächen vorgesehen in die zu großen Teilen die bestehenden Bäume integriert werden. In der Mitte entsteht ein urbaner Platz, östlich der Marktfläche eine große Sitztreppenanlage, um das WC-Gebäude ist ein Café vorgesehen. Die Verkehrsbeziehungen bleiben bestehen, der Straßenraum wird aber verschmälert. Das Büro ISA wird mit Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und in Abstimmung mit Verwaltung und Politik den Entwurf weiter präzisieren. Der Umbau soll 2020 stattfinden.

Die größte Spielfläche im Stadtbezirk, die Elisabethenanlage, wird unter Einbeziehung der Bismarckstraße komplett umgestaltet. Die räumliche Aufteilung bleibt im Wesentlichen erhalten. Entlang der Bismarckstraße entsteht ein Aktivitätsband, das Jugendliche und Erwachsene zu Spiel und Bewegung einlädt. Baubeginn ist vermutlich Anfang 2019.

Mit all diesen Projekten werden die Frei- und Spielflächen im Westen vergrößert und entsprechend den Wünschen der Bevölkerung gestaltet. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals so viel Geld für die „öffentlichen Wohnzimmer“ unseres Stadtbezirks zur Verfügung gestellt wurde.

Nicht vergessen sollten wir die Grünfläche Reinsburgstr./Röckenwiesenstr. Vorschläge zur Aufwertung wurden von der Initiative „Hasenberg im Blick“ im Zusammenhang mit der Gartenbauschule Hohenheim gemacht. Bisher konnten diese aufgrund der personellen Situation beim Garten-/Friedhofs- und Forstamt noch nicht bewertet und präzisiert werden. Damit dieses Projekt für den nächsten Doppelhaushalt angemeldet werden kann, muss die Planung vorangetrieben werden.

Erstmals beschloss der Gemeinderat auf Basis des Fußgängerverkehrskonzepts Innenstadt ein unbefristetes Budget und Personal für die Fußgängerförderung. Dies ist ein wichtiger Schritt, um diesen „vergessenen Verkehr“ endlich entsprechend seiner Bedeutung zu unterstützen. Für den Westen sind 4 Hauptfußwegerouten und 3 Flanierrouten vorgesehen. Im Konzept sind alle Problempunkte entlang dieser Routen festgehalten und sollen Stück für Stück bearbeitet werden. Ich freue mich auch, dass endlich der jahrelang vergeblich vorgetragene Wunsch eines ampelgeregelten Überwegs über die viel befahrene Straße Am Kräherwald auf Höhe der Geibelstraße vom Gemeinderat beschlossen wurde.

Im Rahmen der Stadtentwicklungspauschale (STEP) können das Ost- und Westufer des Feuersees gerichtet werden. Im Gegensatz zu dem vielbesuchten Südufer ist dort keine weitere Belebung vorgesehen. Es sollen eher Punkte für Ruhe und Gespräche geschaffen werden. Nur entlang der Gutenbergstraße ist eine Boulebahn geplant. Ferner soll die Kreuzung Arndt-, Spitta-, Bebelstraße so umgebaut werden, dass Fußgänger und Radfahrer besser geschützt und Bäume gepflanzt werden können. Nach der Fertigstellung eines Fußgängerbereichs (mit Fahrradführung) in der Breitscheidstraße vor dem Quartier Rosenberg sollen in der angrenzenden Silcheranlage ein kleiner Spielbereich und eine kleine Callisthenicsanlage für Jugendliche geplant werden.

Leider konnte der Wunsch des Bezirksbeirats nach einer Erhöhung der Mittel für STEP-Maßnahmen nicht berücksichtigt werden. Allerdings wird das Budget der Stadtbezirke deutlich aufgewertet und erweitert. Es können jetzt kleinere, bauliche Maßnahmen im öffentlichen Raum finanziert werden. Dies gilt auch für Projekte, die im Rahmen von Kinder- und Jugendbeteiligung angeregt werden. Dadurch erhalten die Bezirksbeiräte die Chance auf Bürgerwünsche schnell reagieren zu können.

An dieser Stelle möchte ich noch die vielen kleinen Punkte ansprechen, mit denen sich der Bezirksbeirat und auch ich im Laufe des Jahres beschäftigen.

Dies reicht von Altglascontainern, über defekte Spielgeräte, Verschmutzungen im öffentlichen Raum bis hin zu Verkehrsgefährdungen. Vor ein paar Tagen wurde ich darauf angesprochen, dass unter dem jeweils ersten Punkt der Bezirksbeiratssitzungen „Bürgerinnen und Bürger melden sich zu Wort“ kaum Meldungen erfolgen. Dies ist sicher kein Zeichen dafür, dass es im Westen keine Probleme gibt. Vielmehr melden sich viele Menschen direkt bei mir. In vielen Fällen können die Anliegen direkt in Zusammenarbeit mit der jeweils zuständigen Verwaltung geklärt werden. Jede Anfrage wird entweder direkt von mir oder der Verwaltung beantwortet. In diesem Rahmen gibt es immer wieder Anregungen, die dann im Bezirksbeirat vorgestellt werden. Zuletzt waren dies Umgestaltungsvorschläge zur Kreuzung Reinsburgstraße/Rötestraße oder zu der kleinen Grünfläche Reinsburgstraße/Rotenwaldstraße.

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen bedanken, die sich ehren- und hauptamtlich für unsern Stadtbezirk engagieren. Ohne diesen Einsatz wäre unser Stadtbezirk lange nicht so attraktiv. Bedanken will ich mich ebenfalls bei den vielen Bürgerinnen und Bürgern, die mit ihrer Beteiligung bei den verschiedensten Bürgerwerkstätten sich in die Planung einmischen und diese so mitgestalten. Gerade bei Projekten, deren Realisierung sich über Jahre hinziehen, ist dies nicht immer einfach. Deshalb schätze ich diesen Einsatz umso mehr. Mein Dank gilt dem Bezirksbeirat, der sich im vergangenen Jahr wieder sehr konstruktiv und zielorientiert mit den Problemen des Stadtbezirks befasste und in der Regel auch gemeinsame Lösungen fand. Ein Ergebnis davon ist, dass fast alle unserer Anliegen bei den Haushaltsberatungen berücksichtigt wurden. Erfahrungsgemäß dauert die Realisierung dieser Projekte einige Zeit, da teilweise erst noch Personal gefunden werden muss. Der Bezirksbeirat wird auch in Zukunft darauf achten, dass die Umsetzung möglichst rasch erfolgt.

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2 Kommentare

  1. Lieber Reinhard, vielleicht erinnerst Du Dich an einen Fragenden vor vielleicht 15 Jahren? Habt ihr jetzt an der Rotebühlstraße endlich die (durchgehenden) Radwege oder immer noch die Parkplätze und Blechleverkehr in voller Breite? Und nein, Radler’innen wollen den besten Weg nach oben auch benutzen und nicht in bucklige Nebenstraßen abgeschoben werden.